Friedhelm Groth

Pfarrer August Witteborg, der große Förderer der Mission
und des Jünglingsvereins (danach: CVJM Deilinghofen)

17. evangelischer Pfarrer in Deilinghofen nach der Reformation
(hier im Amt von 1885 bis 1894)

Artikel aus: Deilinghofer Käseblättchen, Februar-Ausgabe 2017 (Schleichwerbung)

 

PDF-Datei August Witteborg, drei DIN-A4-Seiten
HIER
Anhänge (Zeitungsanzeigen) und ein Rückblick (Zeitungsartikel)
 





Der Mann mit Brille, Bart und Charakterkopf

Den Pfarrer August Witteborg, der im Jahre 1885 25-jährig in der Deilinghofer Stephanuskirche eingeführt wurde und hier seine erste "richtige" Pfarrstelle hatte, kennen wir auch vom Gesicht her von mehreren überlieferten Fotos. Wir können in der Reihe seiner Bilder sogar die Veränderung seines Gesichts sehen: vom gut aussehenden jungen Mann zum weißhaarigen älteren Herrn mit Spitzbart und unverkennbarem "Charakterkopf". Das Bild links ist - wie die Aufschrift besagt - von "Foto Siepmann" in Iserlohn aufgenommen worden, stammt also aus dem Deilinghofer Jahrzehnt. Im Kontrast dazu das Bild rechts, das Witteborg als älteren Mann zeigt, aus dem großen Buch über seine lutherische Kirchengemeinde Barmen-Wupperfeld, in der er von 1899 bis zu seinem Ruhestand 1930 - länger als drei Jahrzehnte! - Pfarrer war.
Dazu unten zwei Fotos aus dem Familienbesitz des Aprickers Erich Heetfeld (1910-1994); diese beiden Bilder zeigen den alten Witteborg (unverkennbar: der mit Spitzbart im Talar) bei einem Besuch seiner alten Wirkungsstätte, aufgestellt an der Stephanuskirche mit Deilinghofer "Dorfhonoratioren".
Ein Mann mit Charakterkopf, ein Pfarrer, der sehr engagiert war und wusste, was er wollte - solche "Typen" gab es ungewöhnlich viele in der Reihe der Deilinghofer Pfarrer seit der Reformation, und Witteborg passte bestens in diese Reihe hinein. Deilinghofen als Grenzgemeinde zum katholischen "Kölnischen" Gebiet hatte stets starke Persönlichkeiten, die die Gemeinde geistlich führten.



  
Beide Bilder aus dem Familienbesitz von Erich Heetfeld (1910 bis 1984); von ihm stammt auch die Auskunft, dass beim linken Bild der vierte von links Gottfried Ebberg sen. sei (aus dem Nachbarhaus des neuen Pastorats) - weitere Namen nehmen wir gern entgegen...

Herkunft und Weg bis Deilinghofen

Anders als die vorangegangenen Deilinghofer Pfarrer Karl Kunsemüller und Max Johannes Josephson stammte Witteborg nicht aus einem Pfarrhaus. Er war Handwerkersohn; er wurde in Soest geboren am 19.2.1860 als Sohn des Schuhmachermeisters Franz Witteborg und seiner Frau Elisabeth, geb. Schremmer. Ostern 1879 machte August Witteborg sein Abitur in Soest. Es folgte das Theologiestudium in Bonn und Berlin sowie beide Examina in Münster 1882 und 1884. Hilfsprediger war er in Bockhorst (1882) und Pfarrverweser in Fürstenberg-Westheim (1883/84), wo er am 22.9.1884 ordiniert wurde. In Deilinghofen eingeführt wurde er durch den Superintendenten Pickert am 17.6.1885.
Was sich in Deilinghofen von 1885 bis 1894 entwickelte
In das Alte Pastorat zog Witteborg als Junggeselle ein, erst nach sieben hiesigen Amtsjahren heiratete er am 21.4.1892. Seine Frau war Anna Koch, eine Lehrerstochter aus dem Waldeckschen. Im Juni 1893 wurde beider Sohn Rudolf geboren.
Der Deilinghofer Heimatforscher Herbert Schulte schreibt in seiner Chronik über Witteborgs Deilinghofer Jahre: "Nach Aussage alter Leute in Deilinghofen, die von Witteborg konfirmiert wurden, war W. ein großer stattlicher Mann und der beliebteste Pastor, den Deilinghofen bis dahin gehabt hatte. Seine Predigten waren in volkstümlicher Sprache und eindringlich."
In der gleichen Chronik vermerkt Schulte zum Jahr 1887: "Pfarrer Witteborg nahm sich der Jünglingsvereinsache mit voller Hingabe an und hatte die Freude, dass am
4. September das Vereinsheim eingeweiht werden konnte." (Es folgt ein Gruppenbild von dem Einweihungstag und ein historisches Bild des Deilinghofer Vereinshauses von 1887.)






Dieses alte Martin-Luther-Haus in der Nähe des neuen zum Brockhauser Weg hin kennen ältere Deilinghofer noch; wir bieten hier (links) eine historische Aufnahme. Wie sein Amtsvorgänger Max Johannes Josephson war auch Witteborg "mit voller Hingabe" in der Jugendarbeit engagierter Vorsitzender des Deilinghofer Jünglingsvereins. Beide haben miteinander in Kontakt gestanden, denn Josephsons Geburtsort Wupperfeld wurde danach drei Jahrzehnte Witteborgs Wirkungsstätte, und auch den Vater Ludwig Karl Josephson kannte Witteborg gut, war der doch einer seiner Wupperfelder Amtsvorgänger. Ähnlich wie Josephson sen. und jun. (und vorher auch Kunsemüller) war August Witteborg "pietistisch-erwecklich" ausgerichtet. Mit Themen der Verbreitung des Evangeliums und der Mission fuhr er auch in umliegende Gemeinden der Region und hielt dort Vorträge - uns liegen einige Zeitungsartikel vor, die solche Aktivitäten melden. Z.B. hielt der Deilinghofer Pfarrer im Oktober 1892 eine Ansprache zum 50-jährigen Bestehen der Ev. Missionsvereine in Altena.
Was die äußere Mission anbelangt, hat Witteborg 1905 ein gebundenes Büchlein von 100 Seiten bei Bertelsmann in Gütersloh herausgegeben mit der Biographie des Siegerländer Missionars Ewald Krumm. (Witteborg war übrigens später von 1924 -1934 sogar Vizepräses der Rheinischen Mission!)
Aber auch im äußeren Leben von Deilinghofen hat Witteborg Spuren hinterlassen: 1892 wurde ein neues Küsterhaus gebaut (nämlich dasjenige Haus neben dem heutigen Martin Luther-Haus, in dem früher einige Zeit das Gemeindehaus untergebracht war).
Auf Facebook hat 2014 (in der Hemer-Gruppe) der in Heimatgeschichte beschlagene Brockhauser Karl Heinz Hennemann einmal drauf aufmerksam gemacht, "dass die Pfarrer seinerzeit bei der Gründung der Wasserverbände und Wassergenossenschaften ‚Pate" standen bzw. als 1. Vorsitzende fungierten, z.B. WBV-Deilinghofen am 29.4.1889 sowie WLG-Brockhausen am 15.08.1889" - und er steuerte die Kopie jenes Brockhauser Dokuments von 1889 mit Witteborgs Unterschrift bei. In der Weise waren die Deilinghofer Pfarrer von Witteborg bis Ravenschlag stets auch "Wassermänner".



Anfang 1894 hieß es Abschied zu nehmen von Deilinghofen. Gedruckt liegt Witteborgs beeindruckende Abschiedspredigt vom 25.2.1894 vor - gegen Schluss stehen da die Verse: "So sei denn diese Stunde nicht schwerem Trennungsleid, / Nein, einem neuen Bunde mit unserm Gott geweiht". (Die Predigt gibt es auch im Internet als PDF unter: www.pastoerchen.de/witteborg.pdf).
[Link funktioniert wieder!]


August Witteborg "nach" Deilinghofen bis zu seinem Tod …
Er folgte nach der Deilinghofer Zeit einem Ruf in die lutherische Gemeinde in Ronsdorf, und von da ging es im letzten Jahr des alten Jahrhunderts in die geistlich sehr bedeutende Gemeinde in Barmen-Wupperfeld, deren Kirchengeschichte Witteborg 1927 in einem wichtigen umfangreichen Buch herausgab. In Wupperfeld wurde 1909 sein Sohn Friedrich-Wilhelm geboren, der später auch Pfarrer wurde. August Witteborg wirkte als sehr geachteter Seelsorger und Theologe in seiner Gemeinde Wupperfeld bis zur Pensionierung im Jahr 1930; am 14.1.1944 starb er in Barmen.
Die Kontakte zu Deilinghofen und zum hiesigen CVJM hat er nie verloren, wie die beiden Bilder aus der Geschichte des Deilinghofer CVJM zeigen (beide vom Jubiläum 1931 "50 Jahre CVJM Deilinghofen" - 2x mehrere Deilinghofer Pfarrer auf einem Foto! Dank für die Bilder an F.-W.Teves!).

Zum Bild unten: (von links nach rechts und von oben nach unten):
F.Krümmel, Pastor Witteborg, P.Menger, A.Teves, K.Menger, K.Stenner, W.Römer (Bautenheide), H. Teves, G.Ebberg jr., W.Weber, W.Menger, Eppmann (Apricke), E.Holve, A.Ebberg, F.Schauff, G.Mündelein, W.Römer (Deil.), P.Korte, R.Teves, K.Schweer, K.Teves, W.Herberg, F.Brettschneider, W.Kaiser, O.Sassenberg, A.Schweer, K.Ullrich, Pastor Gobrecht, F.Teves, D.Heer, G.Twelker, unbekannt, Keller, W.Kirchmann, Kölsch, W.Stindt, G.Ebberg sen., H.Düings, unbekannt, K.Römer, O.Stenner, G.Schauff.





Oben - auch zum CVJM-Jubiläum 1931: Vorstand (v.l. Keller, Pastor Niederstein, Pastor Witteborg, Schauff, Pastor Gobrecht, vorn: Schauff sen.)




Zwei Anhänge: Aus Altenaer Zeitungen über Witteborgs Tätigkeit in der Altenaer Gegend, zugeschickt vom verstorbenen Heimatforscher Hans Dieter Schulz aus dem Altenaer Archiv:



 

Am 13.2.1892 referierte "Pastor Witteborg aus Deilingofen" im Ev. Sonntagsverein über das anspruchsvolle kirchengeschichtliche Thema "Chrysostomus".



Auch aus dem gleichen Archiv von Heimatforscher Kohl diese Anzeige: "Herr Past. Witteborg von Deilinghofen" hält Ansprache zum 50-jährigen Bestehen der  "Missionsvereine in Altena" am 23.10.1892.
 



August Witteborg im Rückblick
Ein Zeitungsartikel von 1930 aus Pastor Gobrechts Zeit (zitiert nach: Paul Kramme, Aus der Heimat für die Heimat, Märkischer Landbote / Hemersche Zeitung, Juli 1918 bis Juni 1934, Hemer 2013, S. 264):
"8. August 1930. Deilinghofen und das Missionsfest in Stephanopel. Bei dem am Sonntag in Stephanopel stattfindenden Missionsfest, wo
Pfarrer Gobrecht/Deilinghofen predigt, wird auch der Deilinghoferener Posaunenchor mitwirken. Besondere Freude wird aber die Deilinghofener Teilnehmer darüber erfüllen, daß Pastor Witteborg/Barmen, ihr früherer, langjähriger, verdienster Pfarrer, über Missionsarbeit spricht.
- Viele werden sich des Wikens von Pastor Witteborg noch erinnern. Eingeführt wurde er in Deilinghofen am 17. Juli 1885 durch den Superintendenten Pickert aus Iserlohn. Seine besondere Arbeit galt dem Verein für Innere Mission Deilinghofen, der aus eigener Kraft das schöne Gemeindehaus errichtete, das unter Witteborg am
4. September 1887 eingeweiht wurde. Unter Witteborgs tatkräftiger Mitwirkung baute Deilinghofen 1891 eine Wasserleitung; 1892 baute der rührige Pastor ein Küsterhaus.
1894 verließ Witteborg Deilinghofen, um einem Rufe nach Barmen als Pfarrer zu folgen. Als er in den Ruhestand trat, stellte er seine Dienste der Rheinischen Mission zur Verfügung."